Didi Dorner | Cuisine Intuitive mit Schaufelfaktor

Didi Dorner

Ein Besuch bei Didi Dorner in Graz hat schon etwas Mysteriöses an sich: Die Webseite gibt sich spartanisch, die raren Artikel in klassischen und neuen Medien berichten eher über die angeblichen Launen des Besitzers, und eine Speisekarte ist sowieso nirgends zu finden (das ändert sich übrigens auch im Restaurant selbst nicht, was uns als überzeugte Überraschungsmenü-Esser natürlich nicht stört). Deshalb leisten wir mit diesem Blogpost wohl eine Art Pionierarbeit: Wir haben uns auf das Mysterium Didi Dorner eingelassen, damit wir für Euch ein paar Geheimnisse rund um den steirischen 3-Hauber lüften und auch gleich mit einigen Klischees aufräumen können. Von einem launenhaften Gastgeber fehlte nämliche jede Spur, gute Laune verbreitete hingegen Dorners Cuisine Intuitive:

Schon der Weg ins Restaurant gestaltet sich geheimnisvoll: Neben der ÖVP-Zentrale am Grazer Karmeliterplatz führt eine Holztür mit orangem Didi Dorner Emblem über einen verwinkelten Innenhof in das kleine Lokal mit nur knapp 15 Sitzplätzen. Die Begrüßung fällt entsprechend persönlich aus: Alle Gäste werden namentlich auf der Kreidetafel – mit zugegebener Maßen nicht besonders attraktiver Handschrift – begrüßt. Chefkoch und Fast-Alleinunterhalter Didi Dorner lässt sich auch die persönliche Begrüßung (und später auch die Verabschiedung) per Handschlag nicht nehmen, genauso wie seine Lebensgefährtin, die souverän das Service schupft. Das Ambiente ist stylisch-modern, aber dennoch angenehm und gemütlich. Die drei Tische haben ausreichend Abstand zueinander, so dass sich trotz kleinem Gastraum keiner unbehaglich fühlen muss. Die lange Bar und die halboffene Küche erzeugen ein lässiges Flair zwischen Design-Partykeller und lauschigem Wohnzimmer.

Nach dem typisch steirischen Schilcher-Frizzante als Aperitif muss die einzige Entscheidung des Abends gefällt werden: Soll es das kleine, mittlere oder große Abendmahl – jeweils inkl. Mineralwasser, Weinbegleitung und Kaffee sein? (4 Gänge: 75 €, 6 Gänge: 99 €, 9 Gänge: 135 €). Wir entscheiden uns für die goldene Mitte und sind – vor allem dank zahlreicher und hervorragender Amuse Bouches – vom Preis-Leistungsverhältnis recht angetan.

Amuse Bouches

Der Amuse Bouches Reigen startet mit einer kalten Variation von kleinen Häppchen, die allesamt simpelst umgesetzt aber unglaublich präzise im Geschmack sind. Intensiv das Gesulzte Rote Rüben Gelee mit Saiblingskaviar, cremig-nussig der Mariazeller Saibling mit Parmesan, Schwammerl und Kernöl, und deftig-klassisch der Voitsberger Bauchspeck mit Blunze und Kren. Wenn Pikantes Plundergebäck (Paprika, Olive, Kürbiskern) immer so gut schmecken würde wie hier, würden wir uns diesen altbackenen Hausmutter-Klassiker wieder viel öfter als Snack vorweg wünschen.

Geeistes Trüffel-Rührei mit Forellenkaviar - Apfel-Spargel-Suppe

Geschmacklich präzise geht es mit einer tollen Apfel-Spargel-Suppe weiter. Man muss zwar nicht wirklich verstehen, warum Dorner eine Spargel-Suppe im Winter serviert, wenn die aber so schmeckt, sei es ihm aber bitte verziehn. Mit dem Geeisten Trüffel-Rührei mit Forellenkaviar finden die Grüße aus der Küche ihren Höhepunkt. Das nächste Mal hätte wir gerne eine Straußenei davon.

Als ersten Gang wird uns dann eine Gänseleber-Terrine mit Pumpernickel und Sauce Cumberland serviert. Und mittlerweile fühlen wir uns im Wohnzimmer von Didi Dorner offenbar so wohl, dass uns das Unvorstellbare passiert: Wir vergessen ein Foto zu machen!!! Schande über uns! Optisch ist die Terrine aber eh halb so spektakulär, am Gaumen mundet die kalte Vorspeise aber ganz wunderbar.

Ei Florentine: 1h Bio-Ei mit Sauce Hollandaise und weißem Alba-Trüffel

Mit Foto genießen wir anschließend Didi Dorners Interpretation des Ei Florentine. Ein 1h Bio-Ei mit Sauce Hollandaise und weißem Alba-Trüffel bringt unser Genusszentrum in Wallungen. Wir sind eigentlich keine Fans der Sauce Hollandaise, dieses Sößchen hat allerdings mit der landläufigen Hollandaise-Variante rein gar nichts zu tun. Locker, luftig und zitronig schmiegt sich diese Hollandaise an das perfekt gegarte Bio-Ei. Der Alba-Trüffel hebt das Gericht nochmal in eine höhere Sphäre. Grandios. Das beste Gericht des Abends!

Im Gewürzfond pochierter Zander mit Zucchini, Tomaten, Zitrus-Curry und SternanisOb der Fischgang dagegen ankommt? Naja – fast! Der Im Gewürzfond pochierte Zander mit Zucchini, Tomaten, Zitrus-Curry und Sternanis vermählt gekonnt die heimische Küche mit exotischen Einflüssen. Das Curry-Gemüse ist zum Niederknien, der Fisch perfekt gegart – auch wenn die pochierte Fischhaut jetzt nicht so toll schmeckt. Wie beim Gang davor serviert Dorner die Sauce persönlich bei Tisch aus einer Casserolle – ein netter Gag, der sich aber leider durch den ganzen Abend zieht und die durchschnittliche Präsentation der Gerichte nicht weiter aufwertet.

Kapaun

Optisch ebenso wenig reizvoll ist der Kapaun, der in zwei Gängen serviert wird. Bei der Pochierten Kapaun-Brust mit Apfelsaft, Spargel und Sauce Albufera verwendet Dorner zum zweiten Mal Spargel (bitte warum???). Dieser Griff in die nicht-saisonale Gemüsekiste hinterlässt einen negativen Beigeschmack und passt nicht zum restlichen (überaus positiven) Gesamtbild des Restaurants. Geschmacklich ist die Brust vom Geflügel ebenso tadellos wie die Geschmorte Keule vom Kapaun mit Champagner-Kren-Risotto und Kernöl. Und das Schönste: alle Gerichte haben etwas, das wir Schaufelfaktor nennen, und wir normalerweise nur von zuhause gekochtem Risotto oder Pasta kennen.

Crème Brûlée

Als Pre-Dessert kredenzt Dorner ganz klassisch eine Crème Brûlée, die genauso schmeckt, wie sie schmecken sollte. Flaumig, nach feiner Vanille und mit knackig karamellisierter Zuckerschicht.

Schokodome Hirschenwirt

Bei den Gängen zuvor hatten wir teilweise die öde Präsentation der Gerichte bemängelt. Dieses Manko scheint Didi Dorner mit seinem Signature-Dish, dem Schokodome Hirschenwirt wett machen zu wollen – der letzte Eindruck soll offenbar ein besonders guter sein. Unter der Schokokuppel verbirgt sich aber leider kein Pátisserie-Kunstwerk, sondern nur eine durchschnittliche Süßspeise.

Käsevariation - Petit Fours

Zu guter Letzt wird der Käse vom Wagen herangerollt, der – vor allem im Vergleich zum Käse Rolls Royce im Mraz & Sohn (das wir erst ein paar Wochen zuvor besuchten) – recht niedlich aussieht (ca. 20 Sorten vs. 50 im Mraz & Sohn). Die Käseauswahl ist dennoch absolut in Ordnung, ebenso wie die Petit Fours.

Laut seinem Credo der Cuisine Intuitive will Didi Dorner kein Allerweltskoch sein, sondern ein unangepasster Freigeist, der durch Leidenschaft, Innovation und perfektioniertes Handwerk punktet. Ersteres und Letzteres gelingt ihm zu 100 Prozent. Dorner sprüht vor Leidenschaft, präsentiert seine Gerichte mit viel Elan und will jeden einzelnen seiner Gäste mit seinen Kochkünsten verwöhnen. Handwerklich wird alles perfekt umgesetzt – vor allem die Saucen, die schlussendlich für den enormen Schaufelfaktor der Dorner-Gerichte sorgen. In Sachen Innovation könnte die Cusine Intuitive an diesem Abend ruhig noch mutiger sein. Dorner hat zwar zweifelsfrei seinen eigenen Stil und ist alles andere als ein Allerweltskoch, besonders in der Präsentation und Zusammensetzung der Speisen würden wir uns aber mehr Kreativität wünschen. Nichtsdestotrotz: ein Besuch von Didi Dorner in Graz zahlt sich auf jeden Fall aus – schon allein wegen der hervorragenden Vorspeisen und des guten Preis-Leistungsverhältnis.

Didi Dorner


Empfehlenswert 
Preis-Leistung: gut

Didi Dorner
Karmeliterplatz 5, 8010 Graz
www.dididorner.at

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6 Gedanken zu “Didi Dorner | Cuisine Intuitive mit Schaufelfaktor

  1. Das sieht ja super lecker aus. Verwirrt bin ich nur bezüglich des Lokals selbst. Ist das neu am Karmeliterplatz oder einfach so gut versteckt? Ich bin dort öfters aber wirklich bemerkt habe ich es noch nie und die Verlinkung von Didi Dorner zeigt im Moment nur eine Seite Text . “Eine Holztür mit orangem Didi Dorner Emblem führt über einen verwinkelten Innenhof in das kleine Lokal”. Vor dem nächsten Schlossbergbesuch muss ich mir das wohl ansehen :-) Guten Appetit

    • Ja, links vom Eingang der ÖVP-Zentrale ist der Eingang zum Didi-Dorner. Es ist ein Holztor mit orangem Didi Dorner Log – aber leicht zu übersehen, weil man fast bis zum Ende des Gebäudes gehen muss.

      Viel Spaß beim Didi ;-)

  2. “didi dorner” gibt’s leider nicht mehr (stand april 2014, siehe http://www.cuisine-intuitive.at). mein mann und ich waren im november im “prato” (sackstraße, museum im palais; super essen aber sehr schlechtes service), ich gehe davon aus, dass diese beiden restaurants auf dem selben niveau sind. ABER: wir waren soeben im “magnolia” im augarten hotel (schönaugasse). sehr gutes mediteranes/österreichisches essen und definitiv einen besuch (und auch einen t-u-d.at-artikel) wert! wir entschieden uns fürs überraschungs-menü, insgesamt ausgezeichnet und das service war einfach wunderbar!

    • Hallo!

      Vielen Dank für Euer Kommentar! Woher habt ihr die Info dass der “Didi Dorner” nicht mehr offen hat? Die Website ist nämlich schon seit Jahren nicht mehr aktuell und kein Indiz, dass das Restaurant geschlossen hat.

      Vielen Dank auf jeden Fall für den Tipp bzgl. “Magnolia” – wird für den nächsten Graz-Ausflug vorgemerkt!

      LG, Tini & Thomas

      • Super Artikel den ich nach unserem gestrigen Besuch beim Didi nur bestätigen kann…. Didi sucht den Kontakt zum Gast und bewerkstelligt das durch das servieren der Saucen…. die Gerichte waren alle stimmig und perfekt….er legt wenig wert auf eine tolle Präsentation der Speisen aber mich stört das überhaupt nicht! Alles in allem ein gelungener Abend und man fühlt sich wirklich wie im eigenen Wohnzimmer mit Didi als Koch….mit dem Magnolia das beste Restaurant für Fine Dining in Graz :-)

  3. Wir sind im September in Graz. Welche Hauben-Rastaurants sollte man keinesfalls auslassen? Hat Didi Dorner nun geöffnet oder nicht ?
    Beste Grüße
    Walter Overhamm

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