François im Vierzehnten | Revolution im Außenbezirk

Mezze

Als “Leute vom Land” (wie wir Wiener Neustädter zumindestens von den meisten Wienern genannt werden) muss schon einiges passieren, damit es uns in den 14. Hieb nach Penzing verschlägt. Mit gutem Essen kann man uns aber schon locken, und so werden wir schon ein bisschen nervös, als wir von einem Franko-Kanadier namens François hören, der angeblich ganz famos in seinem neuen Lokal aufkocht. Im François im Vierzehnten wird aber weder typisch französisch noch kanadisch gekocht (btw: was wäre typisch kanadisch?). Und das klingt ja fast nach Revolution! Ein Franko-Kanadier, der nicht (nur) französisch kocht und sich noch dazu anschickt eine neue kulinarische Top-Adresse in einem Wiener Außenbezirk zu etablieren? Darf er denn das überhaupt?

Zumindestens kann er es: Er – François Laliberté – fährt seine ganz eigene Küchenlinie und nimmt seine Gäste mit auf eine kulinarische Reise durch den orientalischen Mittelmeerraum. Dabei spielen vor allem Einflüsse aus Nordafrika und Nahost eine große Rolle. Und das funktioniert anscheinend. So gut, dass eine Reservierung auch unter der Woche ratsam ist. “Ich bin extra eine Stunde mit dem Auto angereist“, erzählt ein Gast am Nebentisch. Tja, auch wir kommen von weit her, um die gar nicht französische Revolution im Wiener Außenbezirk zu erkosten…

Bei François angekommen, bemerken wir vor allem, dass die Lage im 14. Bezirk auch seine Vorteile hat. Man findet genug Parkplätze, es ist relativ ruhig und vor dem Lokal hat man einen wunderschönen Ausblick auf die Gloriette. Also rein ins Restaurant: Dort herrscht schnörkellose Eleganz und ein recht kühles aber gediegenes Flair. Kurzum: Das Ambiente entspricht nicht ganz unsere Erwartungen, die aufgrund des äußerst ansprechenden Internet-Auftritts des Lokals sehr hoch waren. Es wäre schön, wenn man den Charme der Homepage auch im Restaurant selbst wiederfinden könnte.

Großes Gefallen finden wir hingegen an der Speisekarte: Nur 1 Seite mit 6 Vorspeisen, 6 Hauptspeisen, 3 Desserts – die Gerichte wechseln ständig. So mögen wir das. Auf der Karte befindet sich ein spannendes Potpourri an französisch-mediterranen und orientalischen Kreationen, die allesamt verdammt köstlich klingen. Am liebsten würden wir die gesamte Speisekarte durchbestellen. Bei den Vorspeisen (hier passender Weise Mezze genannt) machen wir das auch. Kurz nach unserer Bestellung breiten dann auch schon folgende kleine Geschmackssensationen ihr herrliches Aroma auf unserem Tisch aus:

4x Mezze

Die verschiedenen Mezze können uns ausnahmslos mit ihrem frischen Geschmack und raffinierter Würze begeistern. Auf diese Art und Weise durften wir solche Gerichte noch nicht erschmecken. Aus einfachen Karotten wird hier ein himmlischer Marokkanisch gerösteter Karottensalat gezaubert. Die Belugalinsen mit roten Rüben, Limetten und Koriander, das Kräuter-Chakchouka wie in Tunesien und nicht zuletzt François’ Tabouleh können uns ebenso überzeugen.

Garnelen Briouatte mit Koriander und Kreuzkümmel

Ein überaus netter Snack sind auch die Garnelen Briouatte, eine Art Frühlingsrollen mit Garnelen, die äußerst spannend mit einer Kombination aus Koriander und Kreuzkümmel gewürzt werden.

Erwartungsgemäß zum Niederknien ist der Hummus Shawarma mit Zitronen Sauce. Hier trifft frisch-cremiger Hummus auf orientalisch gewürztes Lamm-Gehacktes und Pinienkerne. Das schmeckt wie ein Traum aus 1001 Nacht.

Hühner-Tajine mit Marillen, Safran, Tomaten und Pinienkernen

Ein Großteil der Hauptspeisen wird im alten Holzofen in sogenannten Tajinen (einem orientalischen Schmorgefäß ähnlich dem Römertopf) zubereitet. Das schmeichelt dem Aroma der Gerichte und verleiht ihnen zusätzlich  eine gewisse Authentizität. Bei der Hühner-Tajine mit Marillen, Safran, Tomaten und Pinienkernen gelingt dieses Kunststück genauso gut wie beim…

Seeteufel mit Erdäpfeln und geschmorten Zwiebeln

Seeteufel mit Erdäpfeln und geschmorten Zwiebeln. Während uns bei der Hühner-Tajine das Zusammenspiel zwischen Süße und Säure der Marillen und Tomaten gefällt, erfreut sich unser Gaumen beim Fischgericht am perfekt gegarten Seeteufel und den geschmacksintensiven Schmorzwiebel. Lediglich die Portionsgröße sind für den Preis (16 € für das Huhn, 19 € für den Seeteufel) etwas knapp bemessen (vor allem auch weil uns der Kellner beim Bestellen gewarnt hatte, dass sechs Vorspeisen und zwei Hauptspeisen zu Zweit wahrscheinlich zu viel sein werden).

Im Holzofen geröstete Feigen mit Granatapfelsirup, Orangen und Mascarpone

Im Vergleich zu den herrlich Vor- und Hauptspeisen, hauen uns die Desserts leider nicht so vom Hocker. Die Im Holzofen geröstete Feigen mit Granatapfelsirup, Orangen und Mascarpone sind zwar ok aber eben kein geschmackliches Highlight. Für diese Mini-Portion (3 Feigen) ist der Preis von 7,80 € auch sehr happig.

Chichi mit Vanille-Eis und SchokosauceBesser schmeckt uns da schon das (?) Chichi mit Vanille-Eis und Schokosauce, das uns vom Teig her an italienische Profiteroles erinnert. Einfach und gut. Große Pâtisserie sieht aber auch anders aus.

Unser Fazit vom François im Vierzehnten: Am meisten haben es uns freilich die Mezze angetan. Diese sind mit 3,40 € das Stück auch absolut erschwinglich. Raffiniert, spannend und günstig. Feinschmecker-Herz – was willst du mehr? Aber bei Francois gibt es noch mehr erfreuliches: Dazu gehört neben dem professionellen und souveränen Servicepersonal auch die durchwegs interessante Weinkarte mit einigen spannenden Positionen aus Österreich, Frankreich und der Welt der Orange-Wines. Einziges Manko: Es gibt nur drei offene Weiß- und zwei offene Rotweine. Weiters ausbaufähig sind aus unserer Sicht das Ambiente und die Süßspeisen. Nichtsdestotrotz: schon jetzt stellt das François im Vierzehnten eine schöne Bereicherung von Wiens Gastroszene dar. Und dabei wäre es egal, ob das Restaurant nun mitten im ersten oder eben im vierzehnten Bezirk liegen würde.

Francois im VierzehntenEmpfehlenswert Preis-Leistung: ok

François im Vierzehnten
Reinlgasse 20, 1140 Wien
www.francois-14.at

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4 Gedanken zu “François im Vierzehnten | Revolution im Außenbezirk

  1. Die vielen freien Parkplätze können auch ein schlechtes Zeichen sein. Die Öffnungszeiten wurden schon reduziert. Man kann nur hoffen, dass das Lokal erhalten bleibt. Eine Bereicherung für die Gegend!

    • Ja, das haben wir auch schon gehört. Zu Beginn dürfte das Restaurant sehr gut gegangen sein – Francois Laliberté hat gleich über einen zweiten Standort nachgedacht, aber jetzt dürfte etwas der Wurm drin sein. Hoffentlich bleibt uns wenigstens der eine Standort im 14. erhalten!

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